Über Spanien zur Selbstbefreiung in Buchenwald

Adam Erbach wurde 1904 in Moers geboren. Er war ursprünglich Sozialdemokrat mit Parteiämtern in der Moerser SPD und SAJ, sein Elternhaus war Am Pandick 65, der sozialdemokratischen Wohngegend in Moers-Hochstraß. Nach seinem Übertritt war er von Frühjahr 1934 bis März 1935 Politischer Leiter der illegalen KPD in Moers. Vor der Verhaftung der Moerser KPD-Widerstandsgruppe Jahny ergriff er die Flucht. Aus Gestapo- Verhören von 1938 und 1939 ergibt sich folgender weiterer Lebensweg:
Nach seiner Flucht über Holland und Paris und einem kurzem Aufenthalt in Moskau meldete er sich im April 1937 als Spanien-Freiwilliger, wofür er auf dem Gewerkschaftsbüro der CGT in Paris Hilfe bekam. Anders als noch im Vorjahr war es nicht mehr möglich, die spanische Grenze legal zu passieren. Die Bevölkerung dort bereitete einen herzlichen Empfang: „Die Fahrt nach Albacete ist unvergesslich. Jede Station auf der gehalten wurde, im kleinsten Ort und im größten, da kamen die Menschen – Alte, Frauen, Kinder-, die überschütteten uns mit Apfelsinen, mit Weintrauben, mit Wein, die umarmten uns und weinten, beiderseitig flossen die Tränen, … unwahrscheinlich! Alle wussten, also das sind unsere Freunde, die stehen auf unserer Seite“.
„Dann wurde die Verteilung nach den einzelnen Sprachgruppen vorgenommen …Ich wurde dem Ausbildungsbataillon der 11. Brigade zugeteilt, das sich aus Deutschen, Österreichern,
Tschechen …, Niederländern, Schweizern und Angehörigen anderer nordischer Staaten zusammensetzte. Unsere Ausbildungszeit dauerte etwa sechs Wochen …Die 11. Brigade galt als Elite-Truppe und wurde als fliegende Brigade verwendet …Zuletzt, und zwar im März 1938, wurden wir beim zweiten Angriff der Ebro-Offensive durch die Nationalen eingesetzt…Bei der Verteidigung unserer Stellung brachen die nationalen Truppen links und rechts von uns durch …Wir wurden umzingelt und etwa 60 Mann gefangengenommen. Wir kamen dann später in das Gefangenenlager in Zaragoza und nach einiger Zeit nach Burgos, wo ich bis zu meiner Auslieferung nach Deutschland am 3.5.1939 verblieb“.
„Funktionsgemäß wurde ich an der Aragonfront zum Sergeanten (sarganto) befördert…Später, an der Teruel-Front, wurde ich mit der Führung eines Zuges betraut, weil mehrere Offiziere gefallen waren. Da ich mich als Zugführer bewährt hatte, wurde ich bald darauf zum Leutnant (teniente) befördert. Als Leutnant wurde ich dann im Januar 1938 in Vertretung des seinerzeit verwundeten Kompagnieführers mit der Führung der 3. Kompagnie des 3. Bataillons (Batl. Thälmann) betraut. Diesen Posten bekleidete ich bis zu meiner Gefangennahme.“
Der Spanienkämpfer Robert Weinand, ebenfalls Offizier der 11. Brigade, berichtet über Erbach, der in Spanien Fritz Klein hieß: „Adam Erbach war … ein guter Kompagnieführrer – die Soldaten hatten Respekt vor ihm. Er war klein von Statur, aber oho! Er sah ein bisschen aus wie Napoleon und fühlte sich auch so, d.h. er hat seine militärischen Aufgaben sehr ernst und gewissenhaft ausgeführt.“ Auch die gemeinsame Gefangennahme schildert Weinand in seinem Buch „Nie vergessen“.
Die harten Haftbedingungen, besonders im spanischen KZ San Pedro de Cardena, beschreibt er: „Viele der 800 Kameraden aus 38 Ländern überlebten sie nicht“. Adam Erbach: „Wir bekamen schlechtes Essen, wurden geschlagen, die Quartiere waren verlaust und auch sonst war die Behandlung menschenunwürdig“. Nach über einem Jahr Gefangenschaft, Verhör und Folter, woran auch deutsche Gestapo-Beamte beteiligt waren, wurde ich im Mai 1939 ausgeliefert“.
Am 23. Februar 1940 verurteilte ihn das OLG Hamm zu einer zehnjährigen Zuchthausstrafe. Diese verbüßte er zunächst im Zuchthaus Siegburg, dann im Konzentrationslager Buchenwald. Dort wurde er nicht als politischer Häftling, sondern als „Schwerverbrecher mit Sicherheitsverwahrung“ geführt.
Adam Erbach überlebte die Lagerstrapazen und nahm 1945 an der Selbstbefreiung gegen die SS-Wachmannschaften aktiv teil. Ludwig Rusch, dem er in der Militätorganisation des Lagers als „Stabsoffizier“ zugewiesen war, berichtet in dem Buch „Stärker als die Wöffe“ über die Befreiung am 11. April 1945: „Zum befohlenen Zeitpunkt fand ich mich gemeinsam mit den Genossen Adam Erbach und Jan Heuken dort (in Block 50) ein und empfing 15 Karabiner, je 10 Schuß Munition sowie Handgranaten und Brandflaschen …Adam Erbach und Jan Heuken übernahmen die Gruppen und stürmten aus den vorgeschriebenen Ausgangsstellungen auf die gesteckten Angriffsziele (Sektor ‚gelb‘, Teil des Lagers zwischen den Türmen 14 und 23). …Alle Operationen verliefen im Sektor ‚gelb‘ so blitzartig und programmgemäß, weil die SS- Turmbesatzungen sich völlig deprimiert davonschlichen, ohne das Feuer eröffnen zu können, da sie ihre Waffen größtenteils zurückließen.“

Nach 1945 wurde Adam Erbach Mitarbeiter der Moerser Stadtverwaltung, zunächst im Wohnungs- und später im Sozialamt. Zusammen mit Hermann Runge und anderen Antifaschisten hielt er auf Bitten des Stadtdirektors Vorträge an der 1946/1947 neugegründeten Volkshochschule. Zwei Verfahren mit Hausdurchsuchungen blieben ihm im „kalten Krieg“ nicht erspart, mussten aber letztlich niedergeschlagen werden. Über Jahrzehnte blieb er in der Kreis Moerser „VVN Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ aktiv. 1974 starb er knapp 70-jährig an einem Magenleiden, für das er sich schon unmittelbar nach dem KZ in klinische Behandlung begeben musste. Zu seiner Beerdigung kamen viele Menschen, es sprachen u.a. der Moerser Bürgermeister Albin Neuse und der Kommandant der 11. Internationalen Brigade, Ernst Buschmann.
Am Gartentor von Adam Erbach, der sicher einen der interessantesten Lebenswege eines Moersers hatte, stehen die Worte: „Es wird gehen, es muß gehen und es geht auch“.
Text: Reinhold Loch